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Rudolf Jurolek: Básne

Gedichte (De)

Rudolf Jurolek
Gedichte

Aus dem Slowakischen von Christa Rothmeier

 

 

...

Ich sage euch nicht, ich liebe.

Die Liebe ist eine zu schwere Last.

Nur Tiere und Heilige sind imstande, sie zu tragen.

Was ich euch mitteilen kann? Dass ich schwach

bin und mich schon ein kurzer Blick

ins Aug eines erschöpften Pferdes

oder einer auf den Schlachthof getriebenen Kuh niederstreckt?

Nein, ich bin unfähig zu lieben. Alles,

was ich empfinde, ist Schmerz.

Und ich will nicht, wer immer möge mich lieben.

 

 

...

Die Glocken schlagen Mittag.

Ich liege im Waldpark auf einer Bank.

Durch das grüne Flimmern der Bäume blicke ich in den Himmel.

 

Die Evolution hat vergessen auf mich:

Es sind noch spürbare Reste des Paradieses in mir.

 

 

...

Über den südwärts geneigten Winterhorizont

rolle die lebendige Sonne der Pharaonen.

 

In den windowsblauen Höhen des Himmels

zeichnet ein Flugzeug einen zerbrechlichen weißen Strich.

 

Wie Bruder Wolf markiere ich mit einer Körperausscheidung

im Schnee den durchschrittenen Weg.

 

In diesem Moment, o langmütige Ewigkeit,

bin ich unsterblich.

 

 

...

Nostalgische Gemälde

von Augustfeldern.

 

Himmlisch zahme Farben,

vom Wind gemischt.

 

Der rote Tropfen einer Eberesche

wie vergessener Paradiesesschmerz.

 

Gott, so ein Tag,

und am Leben sein.

 

 

...

Ein langer, beruhigender

Spaziergang durch ein Feld.

 

Die Sonne geht unter.

 

Nichts Großes, nichts Schicksalhaftes,

nur eine Lichtspur:

 

Vorahnung himmlischer Gärten.

 

 

...

Ich dachte, jetzt im Winter, um vier Uhr früh,

an das Klirren des Porzellans und der metallenen Löffelchen

in den Häuschen am Rande der Kurstadt

an einem fernen, stillen Sommervormittag:

Jemandes diskretes Leben, deutlich und klar:

Die Poesie existiert.

 

 

...

Der Wind trägt die weißen Flocken der abgeblühten Weiden über das Feld.

Sie fallen irgendwohin und verlieren sich, obwohl sie alle Schönheit der Welt

in sich tragen.

 

Wie viele Träume werden zunichte,

nur weil die Realität der Welt sich mit ihnen nicht deckt.

 

Unermüdlich jedoch kehren die Träume zurück,

ändern, erfinderisch, ihre Gestalt, permutieren,

im immer neuen Bemühen um Ewigkeit.

 

 

...

Die Herbstlandschaft erinnert mich schmerzlich an die Liebe.

Mit dem Wissen um dich ist die Welt erträglicher.

 

Reife Hagebutten und Schlehen: Formen und Farben,

die die reinste Essenz des Jahres enthalten.

 

Hier war das Paradies. Hier trug sich das Leben zu.

Hier bin ich mit dir gewesen.

 

Noch einmal über diese Herbstwiese gehen

und sie für den Himmel im Gedächtnis behalten.

 

 

...

Schönheit zu sehen, bin ich immer noch fähig:

eine Baumgruppe in der Mitte eines leeren

Winterfeldes, eine einsame Krähe auf dem Schnee.

 

Aber Freude ist nicht mehr dabei.

Eher eine Art seltsame, quälende Trauer:

Darüber, dass ich bestehe,

dass die Welt besteht.

 

 

...

Wenn alles, was herauskommt,

der durchschrittene Weg ist,

die Müdigkeit in den Beinen,

der Wind, diese Unruh der Landschaft,

der Himmel darüber: noch eine Welt.

Das Leben ist möglich.